Heile, heile Säge Uraufführung vom 04.01.2020 bis 08.02.2020 in Plaffeien
Lustspiel in vier Akten
Dauer
1. Akt 35 Minuten
2. Akt 35 Minuten
3. Akt 30 Minuten
4. Akt 40 Minuten
Geschichte
Wir befinden uns in Husdorf in der aktuellen Zeit. Ein Landarzt, gut 60-jährig, sucht für seine Abwesenheit von sechs Wochen einen Stellvertreter oder gar Nachfolger. Er findet ihn mit den modernen elektronischen Methoden. Diese Vertretung wird von den etwas eigenartigen Stammkunden nicht sehr willkommen geheissen. Mit einer Ausnahme. Das hat aber nicht medizinische Gründe. Ob sich nach der Rückkehr des Landarztes seine hartnäckigen Patienten doch noch zum Stellvertreter bekennen?
10.10.2019/Jürg Frei
Eben erst war die Premiere ... und schon sind die total 16 Aufführungen Geschichte. Eine gelungene Sache, wie das zahlreiche Feedback zeigt. Mit sehr viel Herzblut, grosser Erfahrung und enormem Engagement haben die Leute der Theatergesellschaft Plaffeien das Stück zum Leben erweckt. Ein riesengrosses DANKE SCHÖN an alle, die auf, neben und hinter der Bühne eine grossartige Leistung erbracht haben. Es hat Spass gemacht, Euch in dieser Saison ein wenig begleitet zu haben. Und es war eine sehr lehrreiche Erfahrung
09.02.2020/Jürg Frei
Und so beginnt das Stück:
1. Akt Bühnenbild Behandlungszimmer
Dr. Haberthür So, de starte mer i die nöii Wuche. Was steit hüt uf em Programm, Frou Wunderlin? (er zieht den weissen Kittel an, montiert Stethoskop)
Frau Wunderlin (Mit Agenda) Also, als erscht chunnt der letscht.
Dr. Haberthür (dreht sich abrupt um) Bitte was, wär chunnt?
Frau Wunderlin Der letscht Sürmel, wo mer hie hinger hei. Der Stritte-Puur vo der Chrüzhubelzälg. Däm tuet immer no der Dume weh, seit är. Nach em Chrankeblettli gsehnig, dass es e wüeschte Umlouf isch, hoffentlech het är ds Chrüttli-Wasser zum bädele nid wieder im Stall brucht, wie letschts Mal.
Dr. Haberthür (lacht) Ja, das vergissenig mire Läbtag nie: Het es verdräits Chnöi, e so ne richtige gschwullene Chlumpe, fasch so dick wie der Oberschänkel, so öppe alli Bänder und Sehne, wo's dert umenang het, si überdehnt und verzworglet gsi, ig gibe Salbi und äs Tränkli gäge d Gschwullscht und Tablette gäge d' Schmärze und das Chnöi wott und wott nid bessere.
Frau Wunderlin Isch das nähär nach em füfte Bsuech gsi, wo das Ganze füre cho isch?
Dr. Haberthür Ja, ungefähr. Wonig du vo operiere und verstiife gredt ha, het är du biichtet, was los isch: Sis Ross heig grad juschtamänt ds Gliche gha, und was für ihn guet sig, chönnti sim Ross nid schade. Aber d' Medikamänt heige halt nume für eine vo beidne glängt, drum heig är halt bi sich nume Schnaps igribe. Dä Sürmel het e toue Batze gspart, wüll ig ihm so sys Rössli gheilt ha. Quasi e Färnbehandlig isch das denn gsi. - Und witer, was chunnt nähär?
Frau Wunderlin D’ Frou Becker chunnt aschliessend ine Erschtbehandlig, ha se hurtig zwüsche dri buechet. Si het grad am Morge früeh scho aaglütet. Ig ha nid alles verstande, wo se plaget. Es tönt nach viel, wie geng. Und sicher weiss si scho genau, wie die Chrankheit heisst, was me dergäge tuet, wie lang d’Behandlig geit und wöbs überhoupt Überläbens-Chance git. Sicher isch in Grönland scho mal e Inuit da dranne gstorbe, im vorletschte Jahrhundert. Und …
Dr. Haberthür Frau Wunderlin! Der Konsultationsplan interessiert mi im Momänt!
Frau Wunderlin Ja, ja, isch scho guet, Herr Dokter. Also, igschobe hanig üses wandelnde medizinische Wörterbuech wäge Rügge-, Gsäss- und innere Schmärze rund ume Buch ume. Und si chunnt vor em Aff … . Also konkret: vor em Affetranger, Ferdinand Affetranger, pensionierter Lehrer. Isch das eigentlich wahr, dass är irgend ä Dokter isch? Ig ha das mal ghört und das nähmt mi scho schampar Wunder, öb är tatsächlech …
Dr. Haberthür Bitte!
Frau Wunderlin Also, de haut nid. Der Aff .. Ähm der Herr – evtl Dokter – Affetranger chunnt wäge sim Mage, da si vo letscht Wuche igendwo no d’Laborbrichte umenang. Ig lege se de id Chrankegschicht.
Dr. Haberthür Ja, bitte, und am liebschte ohne öie Kommentar!
Frau Wunderlin Oh, ig ha dänkt, das sig ja nid schwär z’errate, was däm Guete fählt. Weniger ässe, nume no süüferli trinke und viel meh bewege. Das gieng de ou nid uf d’Chrankekasse.
Dr. Haberthür Ig wirde doch mi bescht Patiänt nid eifach vor d’Türe stelle und als gheilt entlah. Wemer no chlei Sorg häbe zuenim, hilft dä mir bis zur Pension scho no chlei (reibt Daumen und Zeigefinger aneinander). Wenn chunnt eigentlech der nöi Arzt, mini Stellverträtig für die nächschte sächsehalb Wuche? Buchser heisst er, oder nid?
Frau Wunderlin Ja, uf afangs Wuche het er sech aagmäldet. Aber Dir kennet ja die hüttige Junge: das cha am Mäntig si, (zählt an den Fingern ab) oder am Zyschtig, und wenn mes e chlei deeeeehnt, isch Mittwuch morge ou no grad i der erschte Wuchehälfti. Mir näme ne doch eifach, wenn är chunnt, dä theoretisch Grüenschnabel.
(Es läutet, Frau Wunderlin geht ab um die Türe zu öffnen. Der Arzt verschwindet kurz aus dem Behandlungszimmer.)
S. Holzer (im Off) Grüessech.
Frau Wunderlin Guete Tag, Stritte- ähm Herr Holzer. Dir dörfet grad ids Behandligszimmer cho. (Beide treten ein. Holzer setzt sich auf einen Stuhl und wartet; sein Daumen ist unförmig eingebunden. Frau Wunderlin blickt mit grossen Augen den Verband – unförmig und schmutzig - an). Der Herr Doktor isch grad sowit.
S. Holzer Öppe hoffentlich, schliesslech bini der erscht Patient und ha mini Zyt zbruche. Ou wenn’s mit dere Hand nid guet z’wärche geit. Dä Verband stört mi bi allem wonig mache und bi allem, wonig la la sy!
Frau Wunderlin Wär het emel de ou dä … ähm … interessant Verband gmacht?
S. Holzer He dänk der Dokter. Vor öppe 10 Tag, wonig ds letscht Mal bi da gsi.
Frau Wunderlin (ruft) Ja säget, dir heit dä Verband i der Zwüschezyt nid gwächslet? D’Wunde nüt bädelet. (spöttisch) Wüsst der, so mit Wasser und so?
S. Holzer Doch klar hanig die Hand öppe müesse wäsche. Und das brönnige Züg vom Dokter hanig ou ids Wasser ta. Emel z’erschte Mal.
Frau Wunderlin Ja, aber de verstanig nid, wie das immer no der glich Verband cha si, wonech der Herr Dokter gmacht het gha.
S. Holzer (Zieht den Verband einfach vom Daumen ab und streckt einen rabenschwarzen Daumen in die Luft) Eh dänk e so (und stülpt darauf die Verbandhülse wieder über den Daumen).
Dr. Haberthür (öffnet die Türe und tritt lächelnd auf den Bauern zu) Guete Tag Herr Holzer, ig bi grad bi euch.
Frau Wunderlin (übergibt dem Arzt die Krankenkarte und flüstert ihm zu) Dä Dume isch cholerabedunkelschwarz, aber allwäg vor Dräck und nid vor Verletzig, är het mer ne grad zeigt. Und der Verband het dä Söiniggel ou nie gewächslet gha. So cha ja das nid besser wärde.
Frau Wunderlin (verschwindet aus dem Behandlungszimmer und schliesst die Türe)
Dr. Haberthür So, de wei mer dä Dume e mal aluege.
S. Holzer Dä hanig scho mängisch gseh, da muess ig nid äxtra häre luege (Zieht den Verband vom Daumen).
Dr. Haberthür Potz, dä gseht ja schlimmer us, als letschts Mal. Heit Dir ne regelmässig badet und Tablettli gno?
S. Holzer Ja beides, wie befohle.
Dr. Haberthür Komisch, das sött itz eigentlech besser usgseh. Wartet emal, ig muess das gnauer aluege (nimmt Lupe zur Hand). Hm. Hm. Jaja. Öppis stimmt nid, Herr Holzer. Wie isch das mit bädele gange?
S. Holzer Ja, also ds erschte Mal hanig das Löffeli voll us em Gütterli no dri ta. Aber das het brönnt, chanech säge, uschafeli brönnt! Da hanis die angere Mal nähär lieber la si.
Dr. Haberthür Witer?
S. Holzer Das isch alles.
Dr. Haberthür U Dir heit dä Dume schüsch würklech nid brucht? Warum hets de ungereinisch Spriesse drinn, Dir heit doch nid nume am Chopf gchräblet, oder?
S. Holzer Aha, das meinet Dir. Nei, nid ganz. Vor drei Tag binig am Tschache-Sepp im Wald ga hälfe, wüll mi Jung nid het chönne. (freudig) Meinet Dir, drumm tüeg dä choge Dume geng no so weh?
Dr. Haberthür (heftig) Wenn Dir dä Dume weit bhalte, ig meine dütlech: A der Hand bhalte und nid imene Truckli i der Gummode, de müesst der sofort genau das mache, wonech gseit ha: Zwöi Mal täglech bade mit däm Mitteli, wo der vo mir übercho heit. Jedesmal der Verband wächsle – ustusche – nöi drumm liere, verstöht der mi? Suber muess die Wunde wärde, schüsch fulet nech dä da gredifurt. De bruchet der de beide Häng, für im Chrüz füf Bier zbstelle! (Zeigt fünf Finger – ohne Daumen – mit zwei Händen.) Das Gütterli isch doch sicher no voll, oder? Und Verbandsstoff sötts no mänge Meter ha, uf dere Rolle, nid wahr?
S. Holzer Ja, ds Gütterli isch allwäg scho no voll, ig muess es eifach de sueche. Aber der Verbandsstoff, ig gloube dä isch…, ehm dä heimer … hanig, … also ig gloub dä isch mer im Stall i Dräck gheit.
Dr. Haberthür Dä vom Stall gloube nech, aber i Dräck gheit? Eifach grad e so? Bumms, tätsch und flätsch a Bode? Wieso chunnt de die suberi Rolle Binde i Stall iche?
S. Holzer Hm, (kratzt sich am Kopf). Äs isch eso gsi: D Maya, mini Chue, die het hinger links am Bei irgend ä Infekt gha (schweigt).
Dr. Haberthür Und? Het si die Rolle Verbandsstoff la gheie?
S. Holzer (druckst herum) Nei, (studiert, sein Gesicht hellt sich auf). Nei, si het usgschlage, wonig i der Nöchi bi gsi.
Dr. Haberthür Aha, das verstahnig. Wo der ihri Wunde heit wölle verbinde, ischs passiert, gället?
S. Holzer Ja, genau, Herr Dokter.
Dr. Haberthür Soso, ihri Wunde verbinde. Ganig rächt i der Annahm, dass dä Verbandsstoff für Euch alles a dere Maya brucht worde isch? Redet!
S. Holzer (kleinlaut) Nid ganz, Herr Dokter, ä chlini Räscht isch tatsächlech a Bode gheit. Aber es isch nümme viel gsi.
Dr. Haberthür So geit das nid, Stritte-Puur! Wenn a Euem Vieh öppis nid i der Ornig isch, heit Dir am Vehdokter z telefoniere und nid eifach umezfuschte. Die Mitteli, wo Dir vo mir überchömet, si für Mönsche tänkt. Da chöit der nid eifach tue u lah, wie Dir weit!
S. Holzer Aber der Vehtokter chunnt viel türer, für dä zahlt e ke Chrankekasse und bis dä bi mir hinger isch … ja da cha mängs passiere und ig ha süferli gwärchet, e so ne rabiate Puur binig wäger nid, wo nid sorg het zu sim Veh! Im Gägeteil, ig ha grad sofort ghulfe, wonig die Blessur bir Maya gseh ha.
Dr. Haberthür Jetz beruhiget nech, Dir stöht nid unger Achlag. Ig muess nech nume brämse, wüll das isch nid z erscht Mal, dass mir zu däm Thema zäme rede, oder?
S. Holzer (kleinlaut) Nei, (trotzig) aber ig ma mi nümme bsinne.
Dr. Haberthür Äbe, drumm sägenis no einisch: Der Vehdokter het sini Patiänte und ig ha miner. Und Eui Chue chunnt mer nid i mini Patiänte-Kartei. Und ig überlah das Euch, wenn Dir sälber im Fall zum Vehdokter als Rindvieh oder o als störrische Esel weit ghöre!
S. Holzer Jetz göter aber zwyt, Herr Dokter!
19.02.2020/Jürg Frei